Einige kennen Sam Eckert vielleicht noch von der TINCON Hamburg . Gemeinsam mit Paul Reichardt hat er die Agentur agenZy gegründet, die Unternehmen erklärt, wie die Generation Z tickt und wofür sich diese jungen Menschen interessieren – denn zu denen gehören Sam und Paul schließlich selbst. Also wer könnte das besser? Auf der TINCON Berlin sprechen die beiden Gründer über ihren Weg ins Unternehmertum . Vorher haben sie in einem Interview mit dem TINCON U21-Redaktionsteam aber schon mal über die Arbeit in ihrer Agentur, Generationenkonflikte und Elon Musk gesprochen. Viel Spaß beim Lesen!
Toni: Ihr nennt eure Agentur agenZy und das klingt schon sehr erwachsen, aber ihr selber seid ja noch ein bisschen jünger, unter 21 Jahre. Was unterscheidet euch denn von „normalen“ Agenturen?
Sam: Also, um Unterschiede festzustellen, muss man sich ja erstmal auf die Gemeinsamkeiten fokussieren und im Agenturgeschäft ist es so, dass man immer an irgendwelchen Projekten arbeitet, für oder mit irgendwelchen Kunden. Insofern sind wir eine Agentur. Aber wir sind wesentlich jünger und das Team ist anders aufgebaut. Es ist ja total der Trend bei Unternehmen, dass es unfassbar flache Hierarchien gibt. Bei uns ist das tatsächlich so, jeder hat Zugriff auf alles, jeder, selbst der Praktikant, kann bei uns Passwörter anschauen und so weiter. Wir sehen agenZy nicht wirklich als unsere Firma an, sondern eher als eine coole Institution.
Paul: Und jeder ist Teil davon.
Sam: Ja genau. Jeder soll sich da bei uns mit eigenen Ideen einbringen und selbst verwirklichen. Was sonst bei Agenturen eher unüblich ist. Da kommt von oben die Order: So funktioniert das jetzt.
Paul: Bei uns soll möglichst jeder seine eigenen Lernziele verfolgen können. Viele Praktikanten kommen rein und sagen sie möchten etwas bestimmtes lernen, z.B. im Bereich Design und Code. Wir versuchen dann, so gut wie möglich zu helfen, damit sie diese Lernziele tatsächlich erreichen bzw. auch umsetzen können.
Sam: Genau, es gibt natürlich auch Ansagen, aber wir versuchen unser Unternehmen relativ gemeinschaftlich zu führen. Also ich würde sagen, dass es sich mehr wie bei einem Verein anfühlt.
Paul: Ja, so ein bisschen.
Sam: Alle helfen irgendwo mit. Und wir glauben auch, dass das wichtig ist. Denn wir vermitteln ja das Lebensgefühl der jungen Generation an die ältere. Und die jüngere Generation, das sind ja nicht nur wir, also was wir beide denken. Das ist ja eine unfassbar riesige Varianz. Dementsprechend wichtig ist es, dass wir möglichst die ganze Generation widerspiegeln. Wir haben zum Beispiel ein Programm namens agenZy Legends, eine User Research Gruppe. Die versuchen wir so breit wie möglich aufzubauen, einfach um diese Varianz der Generation Z abzubilden. Das unterscheidet uns von anderen Agenturen.
Toni: Ihr führt oft Gespräche mit älteren Menschen. Welche Probleme ergeben sich, wenn man als so junger Mensch mit Erwachsenen spricht, die vielleicht Vorurteile gegenüber unserer Generation haben. Wie geht ihr damit um?
Sam: Die Leute bzw. die Firmen, mit denen wir uns unterhalten und im Kontakt sind, sind sehr interessiert daran, den Kontakt zu uns aufzubauen. Deshalb sind sie meistens sehr lern- und wissbegierig. Man könnte denken, man trifft auf eine gewisse Sturheit, was bei einigen Firmen auch zutrifft. Aber die meisten versuchen sich zu öffnen, suchen eher den Kontakt und reagieren mit Verständnis. Nur an gewissen Punkten eckt man natürlich schon mal an.
Paul: Es ist ja auch verständlich: Generationenkonflikte sind schon seit es Menschen gibt ein Thema. Sowas überträgt sich halt auch auf Unternehmen und wie die ihr Zeug vermarkten und ihre Strategien ausrichten.
Sam: Und wie gesagt: Wir gehen ja nicht zu den Leuten und sagen: „Das ist scheiße, das ist scheiße und das ist scheiße“, sondern wir gehen auf den Kunden zu und präsentieren ihm eine bessere Möglichkeit. Wir erklären, wie wir das lösen könnten und formulieren Lösungsansätze aus fundierten Daten oder aus Sicherheiten. Also nicht: „Firma xy hat den Kontakt zu Generation Z verloren.” Sondern eher: “Was ist Generation Z? Die hängen immer vor dem Handy. Okay, wir machen jetzt Snapchat-Filter dafür.” Wenn man mit solchen Unternehmen redet und denen verständlich vermittelt, warum gewisse Sachen so funktionieren und warum andere nicht funktionieren, oder welche Maßnahmen man ergreifen könnte und welche Strategien sinnvoll wären, dann sind die meisten sehr inspiriert. Und umgekehrt ist es ja auch so, dass wir etwas über die ältere Generation lernen. Wir glauben nicht, dass alles was ältere Leute machen schlecht ist. Man kann viel voneinander lernen. Wir können so ein Business machen, aber es ist gleichzeitig auch ein Generationsaustausch, was doch eigentlich sehr cool ist.
Toni: Also, wenn wir den Generationskonflikt beenden wollen, dann melden wir uns einfach nochmal bei euch, da wissen wir jetzt Bescheid. Ihr unterstützt Jugendliche, indem ihr sie mit Agenturen vernetzt. Wie muss man sich diesen Prozess vorstellen?
Sam: Wir vermitteln kein Leute. Wir haben die Agentur. Die Agentur überlegt sich: „Okay, wie können wir das Projekt angehen?“ Und dann haben wir diesen Pool an Leuten aus der Generation Z, verschiedene Altersklassen, verschiedene Geschlechter, Interessen und so weiter. Und letztendlich überlegen wir dann mit dieser Gruppe zusammen, wie bestimmte Dinge funktionieren könnten. Wir sind also eher Botschafter zwischen den Generationen. Das ist auch der Grund, warum wir Varianz so wichtig finden. Je mehr Varianz es gibt, desto mehr Ideen gibt es und desto größer ist die Möglichkeit, eine Lösung zu finden.
Paul: Und dann wählen wir die Produkte oder Marketingstrategien aus. Je nachdem, was das Unternehmen möchte, was die für ein Projekt haben, testen wir das mit unserer Research-Gruppe. Auf diese Weise können wir eine Strategie entwickeln und dem Unternehmen die bestmögliche Trefferquote bzw. das bestmögliche Verständnis bei der Generation geben.
Sophia: Ihr habt im Laufe des Interviews einige Male die Legends erwähnt. Da hat sich mir die Frage gestellt, was das genau ist und wie man da mitmachen kann?
Sam: Also wir haben, wie jedes anderes Unternehmen, eine Jobseite. Dort gibt es ein paar Job-Listings . Das sind Jobs innerhalb der Company, aber auch ein Listing für die agenZy Legends. Und das ist relativ easy. Man füllt ein Formular aus, erzählt ein bisschen über sich. Das sind so Sachen wie Alter oder die Interessen, weil wir ja eine diverse Masse sind. Und dementsprechend müssen wir auch schauen, dass sich die Leute in der Gruppe voneinander unterscheiden. Letztendlich geht man auf die Seite, füllt das Formular aus und wir schauen dann die Bewerbungen durch. Die, die in die Gruppe rein passen, weil wir noch keine Leute haben, die so ticken wie sie, die kommen da rein. Dann läuft das so ab, dass wir immer wieder für irgendwelche Entwicklungen oder Strategien die Legends konsultieren und fragen, was sie davon halten oder ob sie bei Interviews mitmachen wollen. Dafür gibt’s dann auch Belohnungen, wenn jemand mitmacht, bekommt er oder sie beispielsweise irgendwelche Amazon-Gutscheine oder wir verlosen irgendwas. Wir finden, dass das ein coolerer Anreiz ist, als wenn man das einfach so macht. Wenn man sich als Legends bei uns beteiligt, dann gibt man der agenZy etwas Gutes und das wollen wir natürlich auch wieder etwas zurückgeben. Weil wir unseren Job ohne das Feedback nicht machen könnten.
Sophia: Wie stellt ihr euch die Zukunft eurer Firma vor bzw. was wollt ihr unbedingt erreichen?
Paul: Uns ist es sehr wichtig, dass unsere Generation richtig verstanden wird. Wir wollen nicht nur mit Produkten beworben werden, sondern, dass wir generell als eine große Zielgruppe und als Markt verstanden werden, der attraktiv ist – und bei dem es sich lohnt, Mühe rein zu stecken. Wir wollen Firmen auf diesem Weg begleiten. Wir wollen nicht nur Marketing oder neue Apps machen, sondern uns mit denen an einen Tisch setzen und Unternehmensstrategien entwickeln. Das kann eine Produktentwicklung sein. Das kann eine Marketing Strategie sein. Das kann aber auch etwas ganz anderes sein. Uns ist es wichtig, die Unternehmen in all diesen Bereichen zu beraten. Wir wollen unser Ding nicht ohne begründete Fakten machen und nur da sitzen und sagen „Hey! Das ist gerade cool!“ Das sind so die Ziele, die wir uns gesteckt haben.
Sam: Wir beziehen uns in unserem Talk auf ein Zitat von Elon Musk.
Paul: Eines unserer Lieblingszitate.
Sam: Ja genau. „Don't do it“. Er wurde auf einem Event gefragt, welchen Tipp er irgendwelchen Leuten geben kann, die vielleicht gerade am überlegen sind, ein Unternehmen zu gründen. Und seine Antwort war halt: „Don't do it.“ Das interessante daran ist, dass gerade die Leute, die sich diesem Aufruf widersetzen, perfekt dafür geeignet sind. Denn diese Menschen haben so einen Drang von innen, etwas zu erreichen. Sie sind davon im Endeffekt besessen, so dass sie es auch ohne diesen Tipp durchziehen. Und genau für die ist dieser Tipp gedacht.
Vielen Dank, Sam und Paul, wir sehen uns auf der TINCON!
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Melanie Gollin
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