Ein U21-Beitrag von Antonia Nolde
Egal, auf welcher Plattform, in welcher WhatsApp-Gruppe ich gerade unterwegs bin, die Frage ist eigentlich immer: Wie verbringst du die Pandemie? Und ganz ehrlich: So wie alle anderen Tage. Denn ich bin meist zu Hause, weil ich aktuell weder zur Schule, noch zur Uni gehe und ich mit meiner Wohnung immer Entspannung verbinde. Und trotzdem hat sich seit dem Beginn der Krise alles verändert. Das hat zwei Gründe:
Zum einen wurde die Prüfung verlegt, die ich bestehen muss, um an meine Traumuni zu kommen. Der Schritt in die nächste Lebensphase, auf den ich schon so lang hinarbeite, wurde also vergrößert. Zum anderen ist das Zuhause durch Homeoffice und Homeschooling jetzt auf einmal nicht nur ein Ort für Entspannung, sondern auch ein potenzieller Arbeitsplatz. Weil es durch diese Anpassungen keinen Unterschied mehr macht, ob man zur Schule oder zur Uni geht oder eben nicht, konnte ich mich jetzt entscheiden: Weiter zu Hause rumhängen und nichts tun, oder wie alle anderen zu Hause produktiv sein und mich online weiterbilden? Ich habe mich für letzteres entschieden.
Rausgehen heißt Risiko – dann müssen wir vielmehr rein: In unseren Kopf. Denn genau jetzt, wo wir die Achtsamkeit, von der immer die Rede ist, ordentlich hochgelevelt haben, weil wir lernen, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren, können wir Input am besten aufnehmen. Netflix meine ich jetzt nicht unbedingt, außer vielleicht diese eine Original-Doku über Vögel (echt überraschend gut), aber wir sind Generation Z! Wir wohnen im Internet und haben jetzt die Chance, es mal endlich so zu nutzen, dass es uns wirklich etwas bringt:
Auf meinem Weg gibt es jetzt eine Umleitung – dafür gibt es aber online umso mehr, was mir helfen kann! Dank meinem Kumpel Pierre lerne ich jetzt endlich mal wieder Französisch! “Dank” Selbstisolation bin ich dieser weirden Gruppe auf Tumblr beigetreten, in der Leute aus aller Welt sind und es eigentlich um das Lernen gehen soll, aber alle nur über Corona reden! “Dank” Selbstisolation habe ich mich bei der Reporterfabrik angemeldet, in der es spannende Videos und Übungen rund um Journalismus gibt und ich mich so weiterbilden kann! “Dank” Isolation lese ich mehr, habe nach zwei Jahren Funkstille wieder Kontakt zu meiner französischen Austauschschülerin und fahre mehr Fahrrad.
Und jetzt, wo ich mein Zuhause nochmal ganz neu wahrnehme, werde ich mir gleichzeitig meiner Privilegien einmal mehr bewusst. Ich habe ein Dach über meinem Kopf, sodass ich den Appell “Stay at home”, überhaupt umsetzen kann. Die Medikamente, auf die ich täglich angewiesen bin, stehen mir ohne Bedingungen zur Verfügung. Unsere Familie ist durch die Arbeit meines Vaters im Medienbereich gut abgesichert und wir müssen uns keine Sorgen um die Zukunft machen. Ich kann mich in meinen eigenen vier Wänden sicher fühlen, denn in meiner Familie herrscht keine Gewalt. Wir sitzen nicht in einem überfüllten Camp, in dem nur das allernotwendigste an Hygiene zur Verfügung steht, sondern ich kann mich in ein gemütliches Bett legen, wann immer ich möchte. Und ich habe “natürlich” (denn guess what, so natürlich ist das gar nicht unbedingt) das Internet, und damit die Möglichkeit, Wissen aufzunehmen, wenn ich gerade Lust darauf habe. Und ich kann mit Opa Ernie skypen, um zu fragen, wie er die Pandemie verbringt.
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