12. April 2017

“Eigentlich wollten wir ’ne Diskokugel auf’s Boot malen!” — JUGEND RETTET im U21-Interview

Der JUGEND RETTET e.V. hat seit seiner Gründung 2015 über 7000 Menschen das Leben gerettet. Nach vielen Meldungen über Ertrunkene im Mittelmeer haben sie dem Entsetzen darüber Taten folgen lassen und 2016 nach erfolgreicher Crowdfunding Kampagne ein Schiff — die IUVENTA — gekauft, es umgebaut und sind seitdem im Einsatz. Bevor wir sie auf der TINCON begrüßen dürfen, hat Marlon vom U21 Redaktionsteam sie interviewt.

In den Medien ist das Thema Flüchtlingskrise” nicht mehr Nummer eins, weil im Moment weniger Menschen fliehen. Kommt euch das auch so vor oder sind es unverändert viele Menschen, die die Route über das Mittelmeer nehmen?

JR: Auf unserer Route sind es nicht weniger Geflüchtete, sondern mehr. Es gibt viele Fluchtrouten, aber nur zwei davon sind interessant, die eine davon nennt man „zentrale Mittelmeerroute“. Sie geht von Libyen aus 360 km bis nach Italien. 2015 verringerte sich die Zahl der geflüchteten Menschen, die diese Route nehmen, jedoch sind die Fluchtzahlen konstant hoch, weil viele Leute über die östliche Mittelmeerroute von der Türkei nach Griechenland flüchten. In den Medien wird nur über die Türkei-Griechenland Route berichtet, jedoch wurde diese Route dicht gemacht, so sind es über Libyen und Italien mehr geworden.

Wie oft, wie lange und in welchen Abständen fahrt ihr auf See?

JR: Zwei Wochen sind wir im Einsatzgebiet, das Schiff, die Iuventa ist dabei durchgehend auf dem Wasser, dann verbringen wir 4 Tage auf Malta, um Vorräte aufzufüllen, die Crew zu wechseln, und machen 2 Wochen Pause.

Was waren eure Highlights auf eurem Schiff?

JR: Es gab echt viele verschiedene Sachen. Wir hatten zum Beispiel einen Rettungseinsatz, bei dem alles gut gegangen ist und, als die Leute sicher an Bord waren, anfingen zu singen, das war eine richtige Partystimmung. Sie haben sich überschwänglich bedankt und ausgelassen getanzt.

Habt ihr vor zu expandieren? Ist ein zweites Schiff in Planung?

JR: Nein, das ist bei uns nicht in Planung, weil wir ein kleiner Verein sind. Wir haben niemanden, der das hauptberuflich macht. Der JUGEND RETTET e.V. aus verschiedenen jungen Menschen – Studierende, Schüler*innen. Deshalb planen wir nicht zu expandieren, wir sind schon gut ausgelastet. Unser großer Wunsch ist es aber, das internationale Netzwerk aus jungen Leuten voranzutreiben und zu vergrößern.

Wo und wie kann man euch unterstützen?

JR: Es gibt verschiedene Möglichkeiten: Vor allen Dingen Spenden. Der Schiffsbetrieb kostet sehr viel Geld. Ihr könnt uns über betterplace oder das Spendenformular auf unserer Website unterstützen. Man kann sich auch bei uns engagieren, gerade unter den jungen Leuten aus Deutschland suchen wir Botschafter. Man kann Aktionen machen, seien es Stände, Schulvorträge, Spendenläufe an Schulen, usw. oder schauen, ob es in der jeweiligen Stadt schon einen Botschafter gibt und sich an diesen wenden, um etwas gemeinsam zu initiieren.

Hattet ihr schon einmal daran gedacht, euer Boot in einer anderen Farbe zu streichen? Man könnte es bestimmt gut in Pink streichen und Einhörner darauf malen.

JR: Ja, wir hatten tatsächlich verschiedene Ideen zur Lackierung. Allerdings hatten wir beim Umbau noch Restbestände über und die Farbe war unglaublich teuer, deswegen haben wir uns letztlich für blau entschieden. Im Vorfeld gab es allerdings tatsächlich verschiedene Ideen, z.B. das Boot lila zu streichen und eine Diskokugel draufzumalen!

Euer Engagement zog und zieht leider auch Hass von einigen Menschen auf sich. Wie seid ihr mit dem Shitstorm umgegangen?

JR: Es gibt immer wieder verschiedene Shitstorms, Jurastudenten prüfen für uns, was man anzeigen und polizeilich verfolgen sollte, persönliche Angriffe auf mich ignoriere ich. Rassismus löschen wir, dem wollen wir keine Plattform bieten.

 

Foto: http://jugendrettet.org

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